Die Neufassung der europäischen Kommunalabwasserrichtlinie sorgt für eine Verschärfung von Grenzwerten für die Einleitung von Nährstoffen (Stickstoff und Phosphor) und Mikroschadstoffen von Kläranlagen in die Umwelt. Zur Erreichung der Vorgaben ist die Ertüchtigung bestehender Technik bzw. die Erweiterung um eine zusätzliche Behandlungsstufe erforderlich. Dies bedeutet neben Investitionskosten auch erheblich steigende Betriebskosten. Hier setzt das Projekt AbWiFaser an.
Ziel des Vorhabens ist die Entwicklung eines pflanzenbasierten Abwassernachbehandlungsverfahrens, welches die hydroponische Kultivierung von Fasernesseln mit einer weiteren Nährstoffreduzierung von bereits vorgereinigtem kommunalen Abwasser als energetisch günstige Methode kombiniert. Damit soll eine kostengünstige, energieeffiziente und nähr- und schadstoffreduzierende Alternative zu einer konventionellen weiteren Reinigungsstufe geschaffen werden.
GEWÄSSERSCHUTZ UND RESSOURCENSCHONENDER UMGANG MIT WASSER
Die überarbeitete europäische Kommunalabwasserrichtlinie fördert gezielt die Wiederverwendung von Wasser in der Landwirtschaft und unterstützt so nachhaltige Bewirtschaftungsansätze. Insbesondere in von Wasserknappheit betroffenen Regionen kann die Wiederverwendung aufbereiteten Abwassers einen bedeutenden Beitrag zur Deckung des Wasserbedarfs im Nutzpflanzenanbau leisten.
Gleichzeitig kann das Sanierungspotential einiger Nutzpflanzen dazu beitragen Nährstoffüberschüsse und Mikroschadstoffe zu reduzieren und Wasserqualitäten zu verbessern.
NESSELFASERN ALS BINDEGLIED IN DER ABWASSERWIEDERVERWERTUNG
Nesseln sind als stickstoffliebende, schnellwachsende Pflanzen bekannt, die bevorzugt auf feuchten Standorten gedeihen. Im gärtnerischen Volkswissen gelten sie als sogenannte Zeigerpflanzen für stickstoffreiche Böden. Die Fasernessel (Urtica dioica L. convar. fibra) ist eine auf einen höheren Faseranteil ausgelesene Konvarietät der Großen Brennnessel. Vor dem Hintergrund der negativen Auswirkungen globaler Textilerzeugung, insbesondere der hohe Wasserverbrauch der Baumwollproduktion, gewinnen alternative Faserpflanzen zunehmend an Bedeutung.
Hier setzt das AbWiFaser Projekt an. Mit dem innovativen Lösungsansatz der Kombination eines naturbasierten „Polishing“ (im Hinblick auf die geforderten Ablaufwerte der UWWTD) von bereits gut vorgereinigtem Abwasser mit einem hydroponischen Kultivierungsverfahren für den Fasernesselanbau können die Ablaufwerte der novellierten Kommunalabwasserrichtlinie eingehalten und wertvolle nachwachsende Rohstoffe regional und ressourcenschonend produziert werden.
ENTWICKLUNG EINES FASERNESSEL-BODENFILTER
Anknüpfungspunkt ist die dritte Reinigungsstufe bzw. die Nachklärung einer kommunalen Kläranlage. Im Ablauf dieser Stufe verlässt das Wasser die Kläranlage und gelangt über die Vorflut in die Umwelt. Durch ein regelmäßiges Überwachungsprogramm ist bekannt, welche Mengen an Nährstoffen im Wasser noch enthalten sind. Diese Mengen reichen aus, um den Bedarf der stickstoffliebende Fasernesseln zu decken. Der innovative Ansatz von AbWiFaser besteht darin, dieses nährstoffhaltige Wasser gezielt auf Flutungsflächen eines Bodenfilters zu leiten auf denen die Fasernessel angepflanzt werden. Eine automatisierte Be- und Entwässerung der Flächen ermöglicht die maximale Wassernachbehandlungsrate und schafft zugleich ideale Wachstumsbedingungen für die Pflanzen.
Im Rahmen des Forschungsprojekts wird die Effizienz der Wasseraufbereitung untersucht, wobei verschiedene Einflussfaktoren wie Substrattyp, Einstauzeit und Pflanzdichte berücksichtigt werden. Über einen Zeitraum von 18 Monaten wird die Filterleistung überwacht und fortlaufend optimiert. Gleichzeitig wird evaluiert, inwiefern der entwickelte Filter die Vorgaben der novellierten kommunalen Abwasserrichtlinie erfüllt und welche Geschäfts- und Betreibermodelle für eine flächendeckende Umsetzung geeignet wären.